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Verfolgter Blogger aus Bangladesch zu Gast bei den PIRATEN

Verfolgter Blogger aus Bangladesch zu Gast bei den PIRATEN
Asif Mohiuddin berichtet über die menschenrechtliche Lage in seinem Heimatland

Veranstaltung am Donnerstag, den 20.03.2014 ab 20.00 Uhr in der Gaststätte Tangente, Mühlenstrasse 2, 33607 Bielefeld (Karte). ÖPNV Bushaltestelle “Ravensberger Park”. Der Eintritt ist selbstverständlich frei.

Bangladesch erregte in den letzten Jahren wiederholt Aufmerksamkeit durch katastrophale Arbeitsbedingungen in einigen Textilfabriken. Trotz der medialen und öffentlichen Debatte darüber und trotz der Berichte über die chaotische Parlamentswahl Anfang 2014 ist über die politische Situation in dem südasiatischen Land wenig bekannt.

Mit unserer Veranstaltung wollen wir die Lage der Menschenrechte in Bangladesch etwas erhellen und konnten hierfür zwei Experten gewinnen:

Bernhard Hertlein, Amnesty-Experte für Bangladesch, wird zur Einführung über die politische und menschenrechtliche Lage in Bangladesch berichten. Dabei wird er unter anderem über die Situation der Frauen, ethnischer Minderheiten sowie über Todesstrafe und Folter berichten.

Asif Mohiuddin wird anhand seiner eigenen Erfahrungen über Verletzungen der Meinungsfreiheit berichten (auf Englisch).

Beide stehen anschließend für Fragen und Diskussion zur Verfügung.

Asif Mohiuddin ist ein 30-jähriger Blogger und Menschenrechtsaktivist aus Bangladesch, der sich u.a. für das Recht auf Bildung, für Frauenrechte, für die Rechte von Homosexuellen, für Meinungsfreiheit und gegen fundamentalen Islamismus einsetzt. Er betreibt seine eigene Homepage [1] und schrieb auch einen der meistgelesenen Blogs in Bangladesch (auf der Plattform „Somewhere in Blog“) – bis dieser im März 2013 von der Regierung geschlossen wurde.

Berühmtheit erlangte er, als er sich 2011 gegen eine Erhöhung der Studiengebühr einsetzte, die sich nur reiche Studierende hätten leisten können. Seine Berichterstattung hat allerdings nicht nur zu einer Vernetzung und Organisation der Studierenden geführt, sondern auch zu einem 18-stündigen Polizeigewahrsam. Für seinen Mut wurde ihm von der Deutschen Welle 2012 der Best of Blogs Online Activism Award verliehen, der den Einsatz für Menschenrechte und die freie Meinungsäußerung fördern will.

In seinen Blogposts äußert sich Asif Mohiuddin, ein bekennender Atheist in einem Land, in dem 90% der Bevölkerung muslimischen Glaubens sind, auch kritisch gegenüber Religion an sich, religiösem Fundamentalismus und der Vermischung von Staat und Religion. Im Januar 2013 überlebte Asif Mohiuddin eine Messerattacke von drei Unbekannten nur knapp. Nichtsdestotrotz bloggte er weiter und wurde einer der Köpfe der „Shahbag-Bewegung“, die sich dafür einsetzt, dass die Verantwortlichen an den Kriegsverbrechen von 1971 im aktuell laufenden Kriegsverbrechertribunal zur Rechenschaft gezogen werden – wobei auch die Todesstrafe gefordert wird.* Die Angeklagten sind oft (auch hochrangige) Mitglieder der islamistischen Partei Jamaat-e-Islami. Diese Partei und die ihr nahestehende Gruppe Hefazat-e-Islami fordern hingegen Straffreiheit für die Verbrecher. Außerdem arbeiten sie auf einen islamischen Staat hin, der sich auch durch ein ‚Blasphemiegesetz‘ nach pakistanischem Vorbild auszeichnen soll.

Auch ohne dieses Gesetz erhält Asif Mohiuddin bereits jetzt Morddrohungen von islamistischen Gruppen und wird aufgefordert, seine Tätigkeiten einzustellen. Vom Staat, in dem offiziell Religionsfreiheit herrscht, wird er aber nur unzureichend geschützt. So nahm die Polizei ihn im April 2013 fest, nachdem er vermeintlich blasphemische Kommentare im Internet veröffentlicht haben soll. Er blieb beinahe vier Monate in Haft und kam nur auf Kaution frei.

Momentan ist er in Deutschland und befindet sich auf einer Vortrags- und Interviewreise, u.a. mit Stationen in Berlin, Bonn und Frankfurt.

ZUM AKTUELLEN POLITISCHEN HINTERGRUND:

Bangladesch hat sich 1971 als säkularer Staat in einem blutigen Krieg von (West-) Pakistan losgesagt und ist nun eine Demokratie – in der allerdings zahlreiche Menschenrechte verletzt werden.

Damals wurden sowohl von der pakistanischen Armee als auch von ihren Verbündeten in Bangladesch schwere Kriegsverbrechen begangen, die erst jetzt, 40 Jahre später, von einem Sondertribunal aufgearbeitet werden. Seit Anfang Februar 2013 mobilisieren zwei unterschiedliche Gruppen Hunderttausende für ihre Forderungen nach Höchststrafe für die Kriegsverbrecher (Shahbag) bzw. Freilassung und Blasphemiegesetz (Hefazat-e-Islami). Shahbag ist im Wesentlichen durch das Internet entstanden. Hier haben Blogger, die sich zuvor schon kritisch mit den Islamisten auseinandergesetzt hatten, für die Forderungen mobilisiert. So gerieten die Blogger auf der anderen Seite in den Fokus der Islamisten.

Anfang 2013 wurden neben Asif Mohiuddin noch weitere Blogger angegriffen oder festgenommen. Im März wurde der prominente Blogger und Islam-Kritiker Ahmed Rajib Haider von Attentätern vor seinem Haus in Dhaka ermordet. Am 13. März berief die Regierung überraschend neun islamische Geistliche in ein Komitee, das Internet-Blogger identifizieren sollte, die sich auf Facebook oder in Blogs abfällig über den Islam oder den Propheten Mohammed äußerten. Am 1. April 2013 wurden drei Internet-Blogger – Subrata Adhikari Shuvo, Mashiur Rahman Biplob und Rasel Parvez – verhaftet. Angeblich sollen sie in ihren Einträgen religiöse Gefühle verletzt haben. Dafür droht ihnen bis zu zwölf Jahren Haft. Zwei Tage später wurde auch Asif Mohiuddin verhaftet.

[1] Homepage von Asif Mohiuddin http://www.asifmohiuddin.com/

Asif Mohiuddin
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