Allgemein Bundestagswahl 2013

Warum es sich lohnt, für ein BGE zu kämpfen

Von Lars Büsing

Vor Kurzem wurde ich auf die Webseite Grundeinkommen ist wählbar aufmerksam gemacht und gebeten, mich, in meiner Rolle als Direktkandidat der Piratenpartei im Wahlkreis 132 Bielefeld – Gütersloh II für die Bundestagswahl 2013, dort einzutragen. Da ich die Forderung nach einem BGE ebenso unterstütze wie die Einführung von Volksinitiativen, Volksbegehren, Volksentscheiden und Referenden, bin ich nun dieser Aufforderung nachgekommen. Es bleibt abzuwarten, ob mein persönliches Statement dort in voller Länge veröffentlicht werden kann. Aber nicht nur deswegen veröffentliche ich dieses nun auch auf diesen Seiten. Das Thema ist zu wichtig, als dass ich die Gelgenheit verstreichen lassen kann,  für die Darstellung meiner persönlichen Sicht der Dinge das Blog der Bielefelder Piraten einzuspannen. Auch wenn das BGE eine wichtige programmatische Forderungen der Piratenpartei ist, möchte ich betonen, dass die folgenden Zeilen und Absätze meine persönliche Meinung wieder geben. Ich bitte den Wall aus Worten zu entschuldigen ;-)

Warum es sich lohnt für ein BGE zu kämpfen.

Das bedingungslose Grundeinkommen – dieser Begriff steht für die Idee, dass jeder Mensch, unabhängig von seinen Voraussetzungen oder Lebensumständen, das Recht auf ein gesichertes Einkommen in ausreichender Höhe hat um am Leben in dieser Gesellschaft in angemessener Weise Teil zu nehmen, Teil zu haben.

Auch wenn gerechte Teilhabe weit mehr erfordert als nur ein Einkommen: Geld ist eine wichtige Voraussetzung für ein selbst bestimmtes und frei gestaltetes Leben in unserer Gesellschaft. Das bedingungslose Grundeinkommen ist der richtige Weg, um dieses Ziel zu erreichen.

Natürlich gibt es bei der Realisierung viele Aspekte zu berücksichtigen, es gilt viele Hürden zu überwinden, viele Probleme zu lösen. Das bedingungslose Grundeinkommen kann nicht von heute auf morgen eingeführt werden, dafür sind die notwendigen Eingriffe in unser Steuer- und Sozialsystem zu tief. Doch es ist machbar, das Ziel ist erreichbar, wenn wir es denn wollen.

Die heutige Situation, in der Menschen die finanziell bedürftig sind von Behörden und Ämtern geradezu genötigt und zur Zwangsarbeit verpflichtet werden, ist für eine Gesellschaft, welche sich der im Grundgesetz verankerten Menschenwürde verpflichtet sieht, untragbar. Für viele der von der heutigen Hartz IV-Gesetzgebung Betroffenen kommt die Bevormundung und der von den Jobcentern ausgeübte Druck einer psychischen Folter gleich. Sanktionen und Kürzungen lassen diese Folter, wenn die lebensnotwendigen Dinge wie Essen,  Krankenversorgung oder Wohnraum nicht mehr sicher, nicht mehr selbstverständlich sind, auch physisch werden. Die heutige Gesetzgebung hat nicht zum Ziel, Menschen die Hilfe benötigen zu helfen, sondern sie soll den Rest der Gesellschaft aus der Verantwortung zum Helfen entlassen: Jeder Mensch bekommt nur so viel Hilfe, wie er sich durch seine Unterwürfigkeit und Demut gegenüber den staatlichen Institutionen und ihren Forderungen “verdient”. Menschenwürde spielt kaum noch eine Rolle.

Das bedingungslose Grundeinkommen ist der Weg aus der Misere. Es wird das gesamtgesellschaftliche Klima verändern, da es jene, die sich nicht selbst versorgen können, gleich aus welchen Gründen, als gleichberechtigt und wertvoll für diese Gesellschaft anerkennt. Es wird jedoch nicht nur den Bedürftigen zu ihrem Recht auf eine Menschen würdige Existenz verhelfen, sondern auch den Arbeitsmarkt gravierend verändern: Ohne die Angst vor dem durch Arbeitslosigkeit verursachten Absturz werden Menschen auch in der Wahl ihres Arbeitsplatzes frei sein. Menschen unwürdige und inakzeptable Arbeitsbedingungen können von Arbeitnehmern ohne Angst vor den finanziellen, teilweise Existenz gefährdenden Folgen der Arbeitslosigkeit abgelehnt werden. Mit einem bedingungslosen Grundeinkommen können wir erstmals in der Geschichte einen freien Arbeitsmarkt schaffen, in dem sich Arbeitnehmer und Arbeitgeber auf Augenhöhe begegnen.

Quasi als Nebeneffekt darf man zudem davon ausgehen, dass das bedingungslose Grundeinkommen im Vergleich zu heutigen Sozialleistungen eines erheblich geringeren Verwaltungsaufwands bedarf.

Bei diesen und weiteren positiven Effekten, die ein BGE mit sich bringen könnte: Es gibt auch viele Schwierigkeiten zu berücksichtigen. Nicht nur, dass ein BGE eine erhebliche Umverteilung bedeutet, welche die Abhängigkeit der Menschen von staatlichen Zahlungen drastisch erhöhen und eine ebenfalls steigende Staatsquote zur Folge haben könnte. Es muss auch die grundsätzliche Frage geklärt werden: “Wer soll das bezahlen?”. Die heutigen Modellrechnungen unterscheiden sich teils drastisch bei den zu erwartenden Kosten. Und auch wenn ich überzeugt bin, dass Menschen selbst dann noch arbeiten und sich engagieren werden, wenn sie es nicht mehr müssen, so muss das zu verteilende Geld doch erst einmal erwirtschaftet werden. Ein BGE muss finanzierbar sein, ohne dass der Staat in seiner Steuergesetzgebung zum Raubritter wird.

Auf dem Weg zur Einführung des BGE gibt es wie erwähnt viele offene Fragen zu beantworten, Fragen von denen wir heute vielleicht noch nicht einmal ahnen, dass sie sich uns stellen werden. Es gilt Entwicklungen anzustoßen und abzuwarten. Die Einführung des BGE benötigt Zeit – und es geht hier nicht um Jahre, sondern um Jahrzehnte. Das BGE ist ein Generationenprojekt, dass wir nur Schritt für Schritt zum Erfolg führen können. Auf dem Weg dorthin werden wir Fehler machen, und wir werden uns gezwungen sehen, Fehler zu korrigieren. Aber wenn wir wirklich eine bessere Welt, eine menschliche Welt für unsere Kinder wollen, und sie nicht dem rücksichtslosen Konkurrenzkampf in einer von globalen Konzernen dominierten Wirtschaft überlassen wollen, sollten wir uns das bedingungslose Grundeinkommen als Ziel setzen und uns auf den Weg machen.

Vor wenigen Jahrhunderten schien auch die Demokratie, die Republik, die Gewaltenteilung nur eine utopische Idee, die Vision einiger Idealisten oder, aus der Sicht der autoritären Herrscher jener Zeit, eine gefährliche und terroristische Agenda zu sein. Heute können wir uns glücklich schätzen, dass sich einige Unbelehrbare nicht von den Anfeindungen und der Ignoranz ihrer Zeit haben entmutigen lassen. Das BGE ist eine der Herausforderungen unserer Zeit, die zu verfolgen unsere Aufgabe ist, und von der ich glaube, dass sich ihr zu stellen eine der Taten sein wird, für die uns nachfolgende Generationen ebenso dankbar sein werden wie wir heute den Verfechtern der Aufklärung und den Vätern und Müttern unserer demokratischen und republikanischen Ordnung.